Kennst du die A.W. Amo-Apotheke? Oder die Amostraße? Nein?
Aber du kennst du eine M.-Apotheke? Oder die M.-Straße in Berlin-Mitte?
Warum werden immer noch Apotheken und öffentliche Orte mit rassistischen Fremdbezeichnungen, die während der Kolonialzeit von weißen Kolonialverbrecher_innen erfunden wurden, benannt? Der Name der M.-Apotheke und der M.-Straße bezieht sich auf die rassistische Fremd-Benennung Schwarzer Menschen: „’M.’ ist die älteste deutsche Bezeichnung, mit der Weiße Schwarze Menschen als anders konstruiert haben. […] Von Anfang an war der Begriff ‘M.’ negativ konnotiert. […] Vom 16. bis 18. Jahrhundert wurde das ‘M.’-Wort im deutschen Sprachraum zu einer verallgemeinernden Bezeichnung, um Menschen nicht nur des afrikanischen Kontinents, sondern auch People of Color aus anderen Teilen der Welt zu bezeichnen.“ (Arndt, Hamann. S.649f.)
„Mit dem Begriff M. (‘Mohr’) bezeichne(te)n weiße Menschen im 17., 18., 19. und 20. Jh. Menschen, die überwiegend als Sklav_innen des deutschen Adels und zunehmend auch des Bürgertums in den deutschen Staaten lebten.“ (Hamann. S.146) Der Begriff wurde während der Kolonialexpansion europäischer Länder, darunter auch die deutschen Staaten, verbreitet. Im Kontext des Kolonialismus wurden Schwarze Menschen ermordet, vergewaltigt, versklavt und verschleppt. Die rassistische Bezeichnung ‘M.’ ist aus diesem Kontext bis heute unkritisch weiter verwendet worden. Sie reproduziert daher den Rassismus der in diesem Kontext geschehenen brutalen Verbrechen, ohne sich dabei von diesen zu distanzieren; und verwendet die rassistische Praxis der Fremd-Benennung. Dadurch ist die Weiterverwendung rassistischer Namen oder Symbole und Figuren besonders gewaltvoll. Der Begriff ‘M.’ ist absolut überflüssig, daher sollte komplett darauf verzichtet werden, Apotheken und Straßen mit diesem Namen sollten so schnell wie möglich umbenannt werden.
Dazu gibt es viele gute Vorschläge, zum Beispiel Straßen und Apotheken nach dem Philosophen A.W. Amo zu benennen, der als Kind versklavt und nach Halle verschleppt wurde und an der dortigen Universität bereits 1729 die womöglich erste Disputation, in der es um die Rechte und Gleichstellung Schwarzer Menschen in Europa geht, veröffentlichte. (Vgl. Arndt, Hamann, S. 651).
Literatur:
Arndt, Hamann (2011): ›Mohr_in‹. In: Arndt/Ofuatey-Alazard (Hg.): Wie Rassismus aus Wörtern spricht. (K)Erben des Kolonialismus im Wissenarchiv deutsche Sprache. Ein kritisches Nachschlagewerk. S. 649-653.
Hamann (2010): Das M-Wort. In: Nduka-Agwu/Lann Hornscheidt (Hg.): Rassismus auf gut Deutsch. Ein kritisches Nachschlagewerk zu rassistischen Sprachhandlungen. S. 146-156.