Station I – Eröffnung am 02.11.2012 im BDB e.V.
Programm Station I
02.11.2012 Premiere/Eröffnung im BDB e. V.:
Pangea Haus 2. OG, Trautenaustr. 5, U9 – Günzelstr.
18: 00 Uhr Grußworte der Projektleiterin Natasha A. Kelly
18: 15 Uhr Grußworte vom BDB Vorstand Francios Tendeng
18: 30 Uhr Redebeitrag von Yonas Endrias, Experte für Kolonialismus und Rassismus
18: 45 Uhr Führung durch die Ausstellung von Sarah Mouwani
Pause
19: 30 Uhr Stage Warm Up: Corina Kwami: “We All Have It!”, Storytelling & a capella Swing
19: 45 Uhr Tanzperformance “I Step On Air (Teil I)”
Oxana Chi: Idee und Tanz, Layla Zami: Text (May Ayim), Saxophon, Kalimba, Sound (inspiriert by Haruka Fujii)
anschließend Sektempfang (open end)
03.11.2012 Workshop + Führung im BDB
10 – 11 Uhr Führung durch die Ausstellung mit Sarah Mouwani und Natalie Wagner
14 – 17 Uhr Workshop I: “Dialogmethode nach David Bohm“
(inkl. Führung) mit Jacqueline Mayen und Josephine Apraku
15 – 16 Uhr Führung durch die Ausstellung mit Sarah Mouwani und Natalie Wagner
04.11.2012 geöffnet von 14 – 18 Uhr
Workshop im Rahmen der Wanderausstellungsfiliale EDEWA
Workshop I:
„Dialogmethode nach David Bohm“
Wie wir andere Kulturen verstehen und uns ihnen nähern, hat meist viel mit der Ausprägung der eigenen Kultur zu tun. Durch rassistische Begriffe, die noch immer weitgehend im alltäglichen Sprachgebrauch verwendet werden, existieren in unseren Köpfen stereotype Bilder. Doch wie diese Bilder unser interkulturelles Zusammenleben beeinflussen, möchten wir innerhalb unseres Dialogs mit unseren Teilnehmer_innen erfahren. Ferner bietet unser Dialog den Raum, die Hintergründe zu einigen dieser Begriffe aus kritischer Perspektive nähergebracht zu bekommen.
Termin/Ort:
03.11.2012, 14 – 17 Uhr
BDB e. V. – Pangea Haus 2. OG, Trautenaustr. 5, U9 – Günzelstr.
Leiterinnen:
Josephine Apraku, Schwarze Deutsche, Masterstudentin der Afrikawissenschaften, führt seit 2009 durch das Kolonial Viertel Berlins. Sie leitete u. a. für das August-Bebel-Institut mehrere Jugendprojekte.
Jacqueline Mayen, Tochter einer weißen Deutschen und eines Ghanaers, Berlinerin aus Leidenschaft, BA-Studium in Sozial- und Kulturanthropologie an der FU Berlin, derzeit Masterstudentin der Afrikawissenschaften an der HU Berlin.
Station II – Eröffnung am 09.11.2012 im Rroma Aether Klub Theater
Programm Station II
09.11.2012 Eröffnung im Rroma Aether Klub Theater
Boddinstr. 5, U7 – Rathaus Neukölln
Sektempfang
18: 00 Uhr Grußworte der Projektleiterin Natasha A. Kelly
18: 15 Uhr Vortrag zur Situation von Roma und Sinti von Filiz Demirova
18: 45 Uhr Führung durch die Ausstellung durch Filiz Demirova
19:30 Uhr Stage Warm Up: Geigenspiel von Aristica Pitigoiu
19:45 Uhr Tanzperformance “I Step On Air (Teil II)” (ca. 15 min)
Oxana Chi: Idee und Tanz, Layla Zami: Text (May Ayim), Saxophon, Kalimba, Sound (inspiriert by Haruka Fujii)
anschließend Musik mit Ansamblul oltenilor din Berlin
10.11.2012 Workshop II:
13 – 18 Uhr
„No Name Is Yours Until You Speak it!“ (inkl. Führung)
mit Filiz Demirova und Sarah Mouwani
11.11.2012 Führungen mit Filiz Demirova:
1) 14 – 15 Uhr
2) 16 – 17 Uhr
Workshop im Rahmen der Wanderausstellungsfiliale EDEWA
Workshop II:
„No Name is yours until you speak it.“ (Bhaba)
Ziel ist es, Gemeinsamkeiten, Unterschiede, Parallelen und Verwobenheiten der Schwarzen und der Roma Geschichte(n) herauszuarbeiten, so dass ein Wissensaustausch zugänglich gemacht wird. Indem die Überlebens- und Stärkungsstrategien von Roma und Schwarze Frauen aufgezeigt werden, sollen die Widerstandskämpfe beider Communities erfahrbar gemacht werden. In diesem Workshop wird ein Raum geschaffen, in dem Widerstandspraktiken erprobt, Solidarität ausgeübt und Strategien gegen den alltäglichen Rassismus&Sexismus am Beispiel von Konsumprodukten entwickelt werden können.
Termin/Ort:
10.11.2012, 13 – 18 Uhr
Rroma Aether Klub Theater, Boddinstr. 5, U7 – Rathaus Neukölln
Leiterinnen:
Filiz Demirova: 1987 in Berlin/Deutschland geboren, lebt als Aktivistin und freie Autorin in Berlin. Seit 2008 Aktivismus mit Schwerpunkt Roma-Politik, Mitorganisation von Demonstrationen, Kundgebungen, Workshops und Vorträgen. Redaktion von Der Paria (www.derparia.wordpress.com)
Sarah Mouwani
Materialien: Kugelschreiber, Marker, Farben, Kleber, Tesafilm, Schere, Papier, Pappe und weitere Bastelmaterialien
Station III – Eröffnung am 16.11.2012 im Casa Latinoamericana
Programm Station III
16.11.2012 Eröffnung im Casa Latinoamericana
Pfalzburgerstr. 42, U7 – Blissestrasse
18: 00 Uhr Grußworte der Projektleiterin Natasha A. Kelly
18: 15 Uhr Grußworte vom Vorstand Dr. Dolly Conto Obregon
18: 30 Uhr Redebeiträge von Natalie Wagner, Luis Daniel Reyes Rey und Zaphena Kelly
Pause mit Akustikmusik von Byron Carrasco (Ecuador) and Friends
19:00 Uhr Führung durch die Ausstellung durch Natalie Wagner
20:00 Uhr Tanzperformance “I Step On Air (Teil III)” (ca. 40 min)
Oxana Chi: Idee und Tanz, Layla Zami: Text (May Ayim), Saxophon, Kalimba, Sound (inspiriert by Haruka Fujii)
Die Ausstellung wird bis zum 26.11.2012 im Casa Latinoamericana zu sehen sein. Öffnungszeiten: Mo – Di 9:30 – 15:30 Uhr, Mi 13:00 – 21:00 Uhr, Fr. 9:30 – 15:30 Uhr.
I Step on Air – Oxana Chi
Oxana Chi: Concept, Choreography, Dance
Layla Zami: Text (May Ayim), Saxophone, Kalimba, Sounds (inspired by Haruka Fujii)
Produced in Cooperation with EDEWA 2012.
Videoaufnahme von der Generalprobe im Rroma Aether Klub Theater, Berlin 2013
English below
Die zeitgenössische feministische Schriftstellerin May Ayim (geb. 1960 – gest. 1996) schrieb in ihren Gedichten, was viele Schwarze Menschen und PoCs fühlen, denken und erleben. Sie gab dem oft Unsagbaren eine Stimme und setzte diesen Buchstabe für Buchstabe in die Öffentlichkeit. Schwungvoll einen Augenblick ihrer Persönlichkeit – zwischen außergewöhnlicher Stärke und Offenheit und schmerzender Gefangenschaft – zu erhaschen, berührt die Tänzerin mit ihrem Fuß die Luft und setzt entschlossen die erste Spur auf den Boden. Die Bewegungsstruktur den Betrachtenden ohne Bevormundung und Belehrungen näher zu bringen, ist der Ausgangspunkt, aus dem die Tänzerin Oxana Chi federleicht hinaus springen wird.
Von Europa nach Afrika, vor und zurück, nach Asien und Amerika und vor, vor und zurück, zick, zack. Die Performance „I step on air“ schlängelt sich an Mays Gedicht „leberwurstgrau“ entlang und mündet „in einer bunten republik“? Vielleicht…
***
Ghanean-German feminist poet, performer & activist May Ayim (1960 –1996) wrote in her poetry what many black people & other PoC feel, think and experience. Today her voice is gone but her memory is alive in this dance performance where Oxana Chi steps full of spirit to the versatile sounds of Layla Zami, leaving in the air footprints of Mays life: from unusual power to painful captivity. Discover transcultural german past & present through new movement & sound experiments… Moving smoothly back & forth from Europe to Africa, to Asia & America, back & forth, zick, zick, zack!
Rehearsal filmed in Berlin 2013
Past dates : Black History Month Berlin, feministische w_orte Book Release & Art Salon, Black Basar Festival, Homestory Deutschland Hamburg, Rroma Aether Klub Theater, EDEWA 2012 Exhibition & Festival
Rückblick: EDEWA Einkaufsgenossenschaft antirassistischen Widerstandes
Im November 2012 eröffnete Berlins erste Wanderausstellungsfiliale EDEWA, die Einkaufsgenossenschaft des antirassistischen Widerstandes; der temporäre Supermarkt, der Geschichte, Widerstand und Interaktion als elementare Wissensprodukte bietet: kostenlos, ohne Rassismen und Sexismen und mit empowerndem Mehrwert.
Die Projektgruppe hinter EDEWA besteht aus Menschen diverser sozial-politischer Positionen und Lebensrealitäten. Die Gruppe setzt sich aus Schwarzen, Roma, weißen sowie LesbenTrans*Frauen Positionen zusammen. Grundstein für die Intervention in Form dieser Ausstellung legte Natasha A. Kelly, die sich selbst als Schwarze Deutsche positioniert. Sie ist Kommunikationswissenschaftlerin, Doktorandin, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Zentrums für transdisziplinäre Geschlechterstudien (Gender Studies) an der HU Berlin und langjährige Aktivistin der Schwarzen deutschen Bewegung. Aus diesem Grund wollte sie für und durch EDEWA eine Verbindung zwischen der Universität als Institution und zu Selbstorganisationen außerhalb der Uni herstellen. Sie leitete das Seminar „May Ayim – Schwarze Deutsche Feministin?“, das in zwei Teilen im Wintersemester 2011/12 und im Sommersemester 2012 stattfand. Ziel des Seminars war es, die Perspektive auf Geschichte und Gegenwart umzukehren, so dass Schwarzes Wissen und Wissensproduktionsprozesse sichtbar und im universitären Kontext institutionalisiert werden können. Im Vordergrund sollte nicht ausschließlich die Person May Ayim stehen, sondern ihre gesellschaftliche Position als Schwarze Frau in Verbindung mit der Frage, wie das Konzept „Feminismus“ in der deutschen Wissenschaft verhandelt wird.
Die Beschäftigung der Student_innen mit ihren sozial-politischen Positionierungen und kritischen Verortungen waren wichtige Bestandteile des Seminars und verdeutlichten dass Rassismus&Sexismus zum gesamtgesellschaftlichen Alltag in Deutschland gehören. Zu betonen ist dabei die Untrennbarkeit/Interdependenz von Rassismus&Sexismus für Schwarze Frauen und Roma Frauen. Auch die weiß positionierten Seminarteilnehmer_innen sollten ihre Verantwortung erkennen, da der Verbund von Rassismus&Sexismus kein individuelles, sondern ein gesamtgesellschaftliches Problem ist. Besonders die Auseinandersetzung mit Kritiken am weißen Feminismus sowie mit Konzepten von Critical Whiteness leisteten hier einen wichtigen Beitrag zu unserem gemeinsamen Projekt. Auf der Suche nach den Ursachen für strukturellen und institutionellen Rassismus&Sexismus wurde eine andauernde Kolonialität sichtbar, deren Machtstrukturen es aufzubrechen gilt. So bot das Modul „Interventionen“ den richtigen Rahmen, um durch praktische Interventionen in bestehende Strukturen einzugreifen. Aus diesem Interventionsseminar wuchs die Idee des antikolonialen Supermarktes EDEWA als Wanderausstellung, der durch Perspektivumkehr Lebens- und Widerstandsgeschichten thematisiert, denen im weißen Mainstream kein Platz eingeräumt wird.
Die Intervention begann mit einem offenen Brief an die Edeka-Gesellschaft, die sowohl im deutschen Kolonialismus wie auch im Nationalsozialismus enge wirtschaftliche und ideologische Verbindungen zu den jeweiligen Herrschaftssystemen, die auf white supremacy basier(t)en, pflegte, und davon weiterhin profitiert. Diese Verflechtungen finden sich bis heute in Vermarktungskonzepten, Produktnamen, Werbung sowie in der Wahrnehmung und der Darstellung der Unternehmensgeschichte wieder. Anlass für den Brief war die Umbenennung eines Produktes in eine rassistische Bezeichnung, die hier unausgesprochen bleiben soll, welche wir in einzelnen Berliner Edeka-Filialen fanden. Vom Hersteller war das Produkt neutral als „Sonntagswaffeln“ deklariert. Dass die neugewählte Bezeichnung rassistisch ist, wurde von den Verantwortlichen nicht berücksichtigt. Eine Reaktion auf den Brief erhielten wir bis zum heutigen Tag nicht. Dies bietet Anlass dazu, die Vermarktungsprozesse in der Darstellung in einer von uns erstellten Produktpalette perspektivisch umzukehren, so dass wirkmächtige Herrschafts- und Ungleichheitsverhältnisse sichtbar zum Ausdruck gebracht werden. Gleichzeitig bietet der Raum eines Supermarktes, der von allen Menschen aller gesellschaftlichen Zugehörigkeiten täglich besucht wird, die Möglichkeit, antirassistischen und antisexistischen Widerstand einzelner Gruppen wahrnehmbar zu machen und die historischen Kämpfe einzelner Feministinnen zu erleben.
Daher war es notwendig, das Schweigen – im Sinne der Schwarzen US-amerikanischen Aktivistin Audre Lorde – zu brechen und stattdessen zu handeln, denn „niemand außer uns selbst wird uns befreien, hier wie dort. So ist unser gemeinsames Überleben nicht zu trennen, selbst wenn die Bedingungen, unter denen wir kämpfen, voneinander abweichen.” (Audre Lorde, 1986, In: Apartheid USA, S. 40). Audre Lorde ist neben May Ayim, Delia Zamudio und Panna Czinka eine der Hauptprotagonistinnen unserer Ausstellung.
Programm und Orte
EDEWA ist konzeptionell multimedial und performativ zu verstehen. Die Vermittlung der Inhalte und politischen Kämpfe richtet sich also auch an diesem breitgefächerten methodischen Konzept aus. Schon früh in der Vorbereitungsphase der Ausstellung wurden die Schwarzen Performancekünstlerinnen Oxana Chi und Layla Zami, welche schon viele Jahre als Tänzerinnen, Filmemacherinnen und Kuratorinnen arbeiten, Teil des Projektes. Beide konzipierten die dreiteilige Performance „I step on air“, mit der sie die gesamte Ausstellung begleiteten. Sie zeigte das widerständige Leben und die Kunst May Ayims und verband Begegnungen mit den anderen drei Protagonistinnen und deren Biografien. Jede Aufführung konnte so an die wechselnden Veranstaltungsorte angepasst werden.
Bei der Auswahl der Veranstaltungsorte war es uns wichtig, mit selbstorganisierten Gruppen und Vereinen zusammenzuarbeiten, die basispolitische und emanzipatorische Arbeit leisten und thematisch kohärent zu den dargestellten Protagonistinnen/Positionen sind. Die thematischen Schwerpunkte der verschiedenen Ausstellungsstationen richten sich daher sowohl nach dem jeweiligen Veranstaltungsort/-rahmen als auch nach den in der Gruppe vertretenen sozial-politischen Positionen. Auf diese Weise war es uns möglich, eine Verbindung zwischen universitären und außeruniversitären Wissensproduktionsprozessen herzustellen.
Die Premiere fand beim Bund für Antidiskriminierungs- und Bildungsarbeit in der Bundesrepublik Deutschland e.V. (BDB) statt, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, Diskriminierung und Ausgrenzung von Angehörigen sogenannter ‘Minderheiten’, besonders im Zusammenhang mit rassistischen Übergriffen, zu überwinden und Beratung, Trainings, Bildung, Lobbyarbeit und Vernetzung anbietet. Der Schwerpunkt dieser ersten Station der Ausstellung waren Schwarze Deutsche / Afrodeutsche und ihr Widerstand, der in Redebeiträgen von Natasha A. Kelly, Yonas Endrias, Francois Tendeng und einer Führung durch die Ausstellung mit Sarah Mouwani aufgegriffen wurde. Diese Personen gehören alle der Schwarzen Community in Deutschland an. Anschließend folgten ein Bühnenprogramm mit A Capella Swing der Schwarzen US-amerikanischen Entertainerin Corina Kwami und die Tanzperformance „I step on air“ von Oxana Chi und Layla Zami. Die Resonanz war überwältigend und brach im Verlauf der gesamten Wanderung nicht ab.
Zweiter Ausstellungsort war das Rroma Aether Klub Theater. Thematische Schwerpunkte waren hier sowohl Roma als auch das Wirken und die Biografie der Roma-Musikerin Panna Czinka. Das Theater ist seit der Gründung im Jahr 2006 ein kulturelles Zentrum für u.a. zahlreiche Theaterproduktionen, Veranstaltungen, Ausstellungen und Treffpunkt für Roma aus Berlin. Das Programm bestand aus einem Vortrag zum alltäglichen Antiromaismus im Universitätsbetrieb und zur Situation von Roma in Europa sowie einer Führung mit der Roma-Aktivistin Filiz Demirova. Darauf folgte die Tanzperformance „I step on air“, die im zweiten Teil um Elemente aus dem Leben und Widerstand Panna Czinkas erweitert wurde. Der Abend klang mit Roma Livemusik von Aristica Pitigoiu und Ansamblul oltenilor din Berlin aus, die Angehörige der rumänischen Lautari-Szene sind. Zusammen mit dem berühmten Ansamblul Maria Tanase sind sie in den 1990ern auf Weltbühnen aufgetreten.
Die vorerst letzte Station der Wanderausstellung war das Casa Latinoamericana, ein Verein, der sich um Völkerverständigung zwischen Deutschland und dem so genannten „Lateinamerika“ bemüht und dabei auf bildungsbezogene kulturelle, politische und soziale Inhalte setzt. Der Schwerpunkt lag hier auf Leben und Wirken der Schwarzen peruanischen Gewerkschafterin Delia Zamudio. Das Programm bot Redebeiträge von Natalie Wagner (weiße Aktivistin in Berlin) zum Thema ‘weißsein sichtbar machen’, Luis Daniel Reyes Rey (weißer Kolumbianer und Student in Berlin) zu ‘Kritische Reflexionen über europäischen Kolonialismus und die Bedeutung von weißsein in Abya Yala’ und Zaphena T. Kelly (Afrodeutsche Schülerin), zu ihrem einjährigen Aufenthalt in Peru und dem Verhältnis von Schwarzsein und weißsein im südamerikanischen Kontext. Außerdem gab es Musik von Byron Carrasco (Student und Musiker aus Ecuador) und den abschließenden Teil der Tanzperformance von Oxana Chi und Layla Zami, der die biografischen Eindrücke und politische Kämpfe Delia Zamudios mit den Biografien der anderen Protagonistinnen verwob. Durch die Ausstellung, die auf Englisch, Deutsch und Spanisch angeboten wurde, führte diesmal Natalie Wagner.
Ausstellungsobjekte: Porträts & Widerstandsgeschichten
Da wir einen entscheidenden Teil unserer Arbeit und Ausstellung mit der Vermittlung von und Auseinandersetzung mit widerständigen Biografien und narrativen Wissensproduktionen verbinden, stehen bei EDEWA Akteur_innen of Color, Roma und Schwarze Frauen des Widerstandes im Vordergrund. Ihre Lebensgeschichten und ihr politisches Wirken sind analytischer Zugang und Inspiration, um alltäglichen Rassismus&Sexismus in Deutschland zu kritisieren. Die Auswahl an porträtierten Protagonist_innen sollte hier als eine erweiterbare Selektion verstanden werden. Das knüpft an unsere Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Feminismuskonzepten und Widerstandsformen an. Die vier Aktivistinnen, deren politisches Wirken in Form von Widerstandsgeschichten und Biografien aktuelle Bestandteile der Ausstellung sind, wurden teils aufgrund ihrer Verbindungen zum deutschen Kontext gewählt.
Aktuell sind Portraits zu sehen von May Ayim, der Namensgeberin des initiierenden Seminars. Ayim war eine wichtige Afrodeutsche Aktivistin, Lyrikerin, Logopädin und Erziehungswissenschaftlerin und arbeitete an der Kritik zu weißem ‘deutschen’ Kolonialismus und ist Mitinitiatorin der Schwarzen Bewegung in Deutschland. Ein weiteres Porträt widmeten wir Audre Lorde, US-Afroamerikanische Feministin, die sich selbst als Black Lesbian Feminist Mother Warrior Poet positioniert und die Afrodeutsche Bewegung angestoßen hat. Ihre Kritik an der Rezeption und Theoriebildung von Feminismus durch weiße Feminist_innen brachte uns im vorangehenden Seminar an den Punkt, uns mit den Positionen verschiedener Schwarzer Communities und deren feministischen Bewegungen auseinanderzusetzen. Feminismus ist an stetige Verhandlungsprozesse und Kämpfe gebunden. Resultierend aus dieser Auseinandersetzung wurde ein Porträt von Delia Zamudio erstellt, einer peruanischen Schwarzen Feministin, die im Gewerkschaftskampf Widerstand gegen den deutschen Chemiekonzern Schering (heute Bayer Pharmaceuticals) und seine rassistische, sexistische Arbeitspolitik leistet. Unter dieser Vorgabe ist auch das Porträt von Panna Czinka zu sehen, einer Roma Frau und Musikerin aus Ungarn des 18. Jahrhunderts, die mit 17 Jahren eines der ersten ungarischen Roma Ensembles gründete und Primas, d.h. Leiterin einer Männerkapelle war. Sie widersprach allen Genderkonventionen/Geschlechterrollen und nutzte die rassistischen Konstruktionen und Erwartungshaltungen gegenüber Roma Frauen und spielte mit dem Erlaubten und Unangebrachten.
Das Porträtieren der Feministinnen und einzelner Widerstandsgeschichten ist zusammen zu begreifen und wird auch so gemeinsam in der Ausstellung visuell dargestellt. Die Widerstandsgeschichten knüpften sowohl an das Wirken der porträtierten Aktivistinnen als auch an die Arbeit des BDB e.V., Rroma Aether Klub Theater sowie des Casa Latinoamericana an. Schon in der Vorbereitung zur Ausstellung und inhaltlichen Ausarbeitungsphase bezogen wir in unsere thematischen Gruppenarbeiten die bereits geleisteten Interventionen und antikolonialen Bestrebungen der Communities of Color, Roma und Schwarzen Communities mit ein. So sind die politischen Kämpfe von May Ayim, Audre Lorde, Delia Zamudio und Panna Czinka als untrennbare Teile historischer und starker Widerstandsbewegungen gegen bestehende Unterdrückung und gewaltvolle Machtstrukturen verbunden. Die Genese aus diesen Ansätzen bietet Empowerment und Strategien der Subversion von Unterdrückung und Machtstrukturen.
Ausstellungsobjekte: Brief, Kühlschrank, Produkte (Warenregal)
Die Ausstellungsobjekte verbinden viele Ansätze sich dem Thema kritisch zu nähern. Neben dem Brief an Edeka zeigt ein Kühlschrank beispielhaft, wie Rassismus&Sexismus im Alltag konserviert und re_produziert werden. Auf der Kühlschranktür wird einleitend die Geschichte des deutschen Kolonialismus und Kolonialwarenhandels thematisiert. Die Produkte innerhalb des Kühlschranks beleuchten die Alltäglichkeit von visuellem und sprachlichem Rassismus&Sexismus in Supermärkten.
Der interaktive Charakter von EDEWA wird bei unserer Produktpalette besonders deutlich. Die antikolonialen und rassismuskritischen Produkte sind zum Anfassen und Diskutieren. Sie sollen durch widerständiges Wissen und beispielsweise Poesie den ‘normierten’ weißen Blick der hegemonialen Mehrheitsgesellschaft herausfordern und die_den Betrachter_in zum Nachdenken anregen. Besucher_innen sollen inspiriert werden, die Wahrnehmung und das Konsumverhalten zu reflektieren und den nächsten Supermarktbesuch kritischer anzugehen. Die meisten Produkte wurden inspiriert von alltäglichen rassistisch-kolonialen Produktbezeichnungen, Bildern und Inhalten, die in Supermärkten zu finden sind. Dargestellt werden aber auch ‘typisch’ koloniale Produkte wie Kaffee und Schokolade, deren problematische und ausbeuterische Produktionsverhältnisse sowie rassistische&sexistische Vermarktung – über Verpackungswerbung und Produktbezeichnungen – angesprochen werden. Außerdem finden sich im Warenregal Produkte, die sich auf den Widerstand der porträtierten Aktivistinnen beziehen wie die Audre-Lorde-Brille, die Super Blödmann’s, die Geige, die Paprika Sauce und die RaSeKla_Mus Tabletten (nähere Infos im Ausstellungskatalog oder Online). Das Kreieren von Produkten, die die Perspektive umkehren, ist also auch der konsequente Schritt, weißsein als konstruierte ‘Norm’ sichtbar zu machen und herauszufordern.
Sprachhandlungen/Interaktive Workshops
Ein zentrales Anliegen ist es uns, rassistische&sexistische Sprache zu vermeiden, weshalb die sogenannten „Wegwerfboxen“ Teil des Supermarktes wurden. Denn im konstruktivistischen Verständnis wird Sprache als Handeln verstanden, weshalb die Verwendung von rassistischen&sexistischen Benennungen einen Gewaltakt darstellt. Über interaktive Frage-Antwort-Spiele werden die Begriffsgeschichten einzelner rassistischer Fremdbezeichnungen, die Teil öffentlicher Diskurse sind, dargestellt und kritisch hinterfragt. Fragen wie „Warum muss das „N-Wort“ aus unserem Sprachgebrauch eliminiert werden?“ oder „Warum hast du von Winnetou gehört, aber nicht von Goyáálé/Geronimo?” werden auf den Boxen gestellt – die Antworten sind hierbei „versteckt“ und die Besucher_innen können selbst entscheiden, ob sie die Boxen öffnen wollen, um eine Antwort zu bekommen. Die aktuelle Debatte um die Verwendung des N-Wortes in Kinderbüchern, zeigt, wie wichtig die Auseinandersetzung mit rassistischen Fremdbezeichnungen ist. Aus diesem Grund gehören auch interaktive Workshops zum EDEWA-Konzept dazu. Die Teilnehmer_innen sind eingeladen, die ‚Produktpalette’ zu erweitern, Widerstand zu thematisieren und Einblick in die Arbeiten unserer Kooperationspartner_innen (Vereine und Organisationen) zu gewinnen. Auf diese Weise ist es möglich, sich über die Ausstellung hinaus kreativ und kritisch mit den unterschiedlichen Ausdrucksweisen von Rassismus&Sexismus auseinanderzusetzen.
Fazit/Ausblick
Unsere bei den Ausstellungen gesammelten Erfahrungen, die vielfältigen Lebensrealitäten der Besucher_innen und deren unterschiedliche Sensibilisierung unterstreichen die Notwendigkeit einer stärkeren Thematisierung des antikolonialen Widerstandes und des aggressiven und gewalttätigen Kolonialismus sowie Kolonialwarenhandels. Kolonialismus, Rassismus&Sexismus wirken alltäglich, in Kontinuität und immer in Verbindung zueinander. Sie können nicht getrennt betrachtet und müssen in ihrer Verwobenheit bekämpft werden. Der Widerstand ist ebenso (alltäglich) von weißen zu leisten, wie es von vielen Gruppen of Color, Roma und Schwarzen getan wird. Die anhaltende Kolonialität und Unterdrückung bedarf Interventionen, die koloniale Denk- und Handlungsmuster in Frage stellen und schließlich zu deren Abschaffung beitragen. Die Ausstellung ist gewollt nach dem „Work-in-Progress“-Prinzip für solche politischen Transformationen offen gehalten, sodass sowohl die Produktpalette als auch die Reihe der porträtierten Protagonistinnen und ihre Widerstandsgeschichten erweitert werden können. Die existentiell weiterhin bedrohliche Situation für unsere Kooperationsorganisationen zeigt auf, wie umkämpft ihre Räume sind; wodurch sie und ihre Projekte bedroht sind und von wem. Ihre Kämpfe, Kontroversen und Debatten bestärken uns weiterhin in unserer Arbeit, mithilfe von widerständigem Wissen und Strategien die Ausstellung zu konstituieren und ihre situierte, emanzipatorische Arbeit mit einzubeziehen. Hervorzuheben ist auch, dass Schwarze, Roma, PoC-Wissensproduktionen in die hegemonial geprägte Wissenschaft Eingang finden müssen, um die dortigen rassistischen&sexistischen Strukturen aufzubrechen und vermehrt Transferleistungen zwischen Theorie und Praxis herzustellen.
Wir sind mit der Wanderausstellung EDEWA über den universitären Rahmen hinaus gewachsen und haben vor, diese Arbeit fortzusetzen. Nach einer Auswertungs- und Reflexionsphase sind für das Sommersemester 2013 weitere Ausstellungen und Workshops geplant. Des Weiteren findet im kommenden Semester das Seminar „Visuelle Kolonialität: Die Ent_Wahrnehmung von sozialen Positionen in kolonialen Bildre_produktionen“ mit Natasha A. Kelly statt, das inhaltlich an Teile der Ausstellung anknüpfen und den Diskurs um die andauernde Kolonialität in Deutschland vertiefen wird.
Die EDEWA-Gruppe
Kooperationen
Oxana Chi und Layla Zami
‘I Step on Air’
http://www.oxanachi.de/
http://www.laylazami.net/
Bund für Antidiskriminierungs- und Bildungsarbeit in der BRD (BDB) e.V.
Pangea Haus, 2. Stock
Trautenaustr.5
10717 Berlin
Telefon: 030 / 216 88 84
E-Mail: bdb@bdb-germany.de
Rroma Aether Klub Theater
Boddinstr. 5 (U7 Rathaus Neukölln)
12053 Berlin
Email: info@rromaakt.de
Telefon: 030 / 921 29 229
http://www.rromaakt.de/
Casa Latinoamericana, Berlin
Haus der Kulturen Lateinamerikas e.V.- Casa Latinoamericana
Pfalzburgerstr.42
10717 Berlin
Telefon: 39 40 47 80
E-Mail: berlin@casalatinoamericana.de
Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien der Humboldt Universität zu Berlin
Georgenstraße 47, 1. OG
10117 Berlin
http://www.gender.hu-berlin.de/
Heinrich-Böll-Stiftung
Schumannstraße 8
10117 Berlin
www.boell.de
Referent_innenRat der HU (gesetzl. AStA)
http://www.refrat.hu-berlin.de/